Schlagwort-Archiv: Liberalismus

„Das Spiel ist aus.“

Ob diese Diagnose verfrüht ist oder nicht, wird sich zeigen, lesenswert ist Shelby Steeles kurzer Essay auf jeden Fall; einige seiner Aussagen über die Wahl von Donald Trump und den amerikanischen Linksliberalismus lassen sich auch auf seine europäische Spielart und den sich gegen ihn wendenden Rechtspopulismus übertragen: Nicht reale Schuldgefühle, so Shelby Steel, sondern die Furcht vor einem Stigma (Rassismus, Sexismus, Homophobie und Xenophobie) sei der Antrieb zu zeigen, dass man auf der richtigen Seite stehe. Weiter auf Begleitschreiben.

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Der Islamische Staat: I. Eine unbeantwortete Frage.

In diesem und den folgenden Texten sollen einige Gedanken und Assoziationen die mit dem ausgerufenen Kalifat (dem Islamischen Staat) im weitesten Sinn in Zusammenhang stehen, formuliert werden, mehr als Thesen und Ausgangspunkte allfälliger Diskussionen, denn als abgeschlossene Überlegungen.

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Freiheit…

…ist nichts anderes als das Recht des Individuums gegen das Kollektiv, die Tradition oder die Religion; dieses „frei sein von“ schützt es und gibt ihm die Möglichkeit über sich selbst zu bestimmen: Frei zu sein bedeutet, gegen das Unrecht stehen zu können. — Andere Ideen, z.B. jene der Gleichheit vermögen dies nicht. Die Freiheit ist in diesem Sinn fundamental und muss dem Menschen, der in diese Welt unfreiwillig geworfen wird, von allem Anfang an, selbst im Zweifel um ihre Existenz, pragmatisch zugestanden werden.

Darüber darf man allerdings nicht ins Schwärmen geraten und denjenigen nicht trauen, die meinen, dass damit schon allem genüge getan wäre: Damit andere nicht durch Ansprüche oder Akte der Selbstbestimmung („frei sein für“) ins Unrecht gesetzt werden können, die Möglichkeiten der Selbstbestimmung also für alle erhalten bleiben und Freiheitskonflikte gelöst werden können, benötigen wir Bezugspunkte, weitere Ideen, jenseits der Freiheit, die sie dort beschränken, wo sich die Notwendigkeit dazu zeigt: Sie sind weniger fundamental als die Freiheit, ihr aber partiell übergeordnet.

Viele, aber nicht alle dieser weiteren Ideen, kann man auch als mehr oder weniger starke Beschränkungen der Selbstbestimmung (also wiederum der Freiheit) lesen, sie können aber auch anders begründet werden: Wenn die Unversehrtheit von Leib und Leben eine Idee ist, die die Freiheit möglichst schnell Auto zu fahren einschränkt, dann kann man den Unglücksfall, einen Verletzten oder gar Toten, auch als zu vermeidendes Leid betrachten. — Freiheitsbeschränkungen sind immer von einem Gleichheits- oder Gerechtigkeitsgedanken getragen.

Liberalismus

Dieser Begriffs erweist sich, wie jener der Freiheit, erst dort, wo erläutert wird, wie Freiheitskonflikte zwischen Individuen, die aus deren Handlungsansprüchen resultieren, gelöst werden können, was bedeutet, ob und falls ja: welche Werte jenseits der Freiheit Geltung haben und in welchem Bezug sie zu ihr stehen.

Näherungsversuch

Liberalismus könnte bedeuten, die individuellen Entwürfe mit den gemeinschaftlichen Notwendigkeiten in diskursiv-evolutiver Weise abzustimmen.

Zeit für Demokratie? Demokratie und Zeit.

Wenn man Demokratie als Zumutung und Versprechen charakterisiert, erkennt man, dass sie immer auch Forderung und Pflicht bedeutet, und nur auf politisch-partizipativer Grundlage, als Teilnahme an einem Gemeinwesen, funktionieren kann und soll. Die Möglichkeit mitzubestimmen, die Strukturen des Gemeinwesens zu verändern, und daneben und zu gleich auf diesen ein relativ frei¹ bestimmtes Leben führen zu können, gibt es nicht „umsonst“. Im Gegenteil, wir „bezahlen“ mit dem kostbarstem Besitz, unserer Zeit. Wir widmen² – freiwillig oder als Pflicht begriffen – einen Teil unserer Lebenszeit in einer Art Tausch der Funktionalität des Systems, seiner Wartung und inhaltlichen Bestimmung3.

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Liberalismus und Sozialismus.

Ein Seitengedanke: Man kann beide als Fortführung der Aufklärung begreifen, knüpfen sie doch an ihre traditions- und religionsauflösenden Tendenzen an: Ersterer führt diese Entwicklungen fort, und rückt das Individuum mit seiner Handlungsfreiheit in den Mittelpunkt (Begrenzung kann, wo nicht von der Freiheit des anderen gefordert, nur frei gewählt werden), letzterer versucht das Gemeinwohl neu und anders zu definieren und zu rechtfertigen, und antwortet damit auf den Verlust gemeinwohlstiftender Sinnzusammenhänge. Und beide geraten auf ihre Weise in Konflikt mit dem Christentum: Der Liberalismus lehnt die Bande der Religion ab, soweit man sich nicht aus freien Stücken für sie entscheidet, und der Sozialismus gerät in Gegensatz zur christlichen Eschatologie, möchte er statt dem jenseitigen ein diesseitiges „Reich“.