Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten VI

Die zentrale Erfahrung des Subjekts ist seine Lebendigkeit und sein zentrales Bemühen ist ihr Erhalt. Damit ist nicht Sterben, sondern Erkalten, Gleichgültigkeit und Empfindungsarmut, gemeint. Die Wahrnehmung der eigenen Lebendigkeit ist nicht grundsätzlich verschieden von der anderer; Gleichgültigkeit sich selbst gegenüber, ist Gleichgültigkeit anderen gegenüber. Mehr von diesem Beitrag lesen

Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten V

Die Krise weist auf den Scheideweg hin: Die Künste lieben, über Ästhetik reden, vielleicht sogar Gedichte empfehlen und seine Existenz an die Mathematik delegieren, das kann man nicht. Freilich: Man kann, zeigt damit aber auch, wie ernst einem mit alledem ist.

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Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten IV

Nie ist die Existenz dramatischer als in unserer Kindheit, und nie bewusster als im Alter; dazwischen liegen ein Abschnitt geschäftsmäßiger Vergessenheit und die gnadenvolle Unbekümmertheit der Jugend. Verglichen mit der Kindheit, tritt im Alter die Existenz vor dem absehbaren Ende, gleichsam von der anderen Seite her, ins Bewusstsein: Während das Kind stets darum kämpft, mit den Intensitäten, die ihm die Welt auferlegt und die es durchdringen und durchjagen, zurechtzukommen, also Stabilität zu erlangen, ist das Alter von der Leere, einem Übermaß an Stabilität, einem Mangel lebenslohnender Intensität, vielleicht einem Erschöpfen der Sinne, bedroht. Das Flehen endlich sterben zu können, als Betagter aber nicht chronisch Kranker, ist ernst zu nehmen und zeigt, dass ein Leben trotz hinreichender Funktionalität, an sein Ende kommen kann.

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Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten III

Der aufklärerische Anspruch muss sein, dass die Individuen, die durch ihre Angst zu einer Masse zusammengebunden wurden, ihres Zustands einsichtig werden und die daraus erwachsenden Konsequenzen begreifen. Übermächtige Angst macht nicht nur gefügig, sie lässt die existenziellen Bindungen des Individuums als bedeutungslos erscheinen.

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Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten II

Die Frage nach der Wahrheit kennzeichnet die Wissenschaft, die nach der Richtigkeit die Politik. Eine neue Steuergesetzgebung ist ebenso wenig wahr, wie Maßnahmen zum Erhalt der Gesundheit. Sie sind Vorhaben oder Ergebnis bestimmter Organisationsformen menschlicher Gemeinschaft und durch diese begründet. Ohne diese, wären sie nicht und sie könnten in diesen auch anders sein. Sie erfüllen ihren Sinn und Zweck, sind einem Ziel oder einer Sache angemessen, zutreffend, richtig eben. Und natürlich auch moralisch wie rechtlich zu bewerten und in praktischer Hinsicht folgenreich. Naturgesetzlichkeit ist der Politik fremd und wer diese in sie hineinträgt, beginnt ein autoritäres Spiel. Das bedeutet nicht, dass die Politik sich nicht um die Ergebnisse der Wissenschaft zu kümmern hätte, aber sehr wohl, dass erstere die Verantwortung trägt, Abwägungen und Entscheidungen trifft, nicht letztere. Die mediale Überpräsenz von Wissenschaftlern in einer Krise ist ein Zeichen für die Entscheidungsschwäche der Politik. Die Aufgabe der Politik aber ist es, zu führen, zu formulieren wie wir ein Problem lösen wollen und ihre diesbezüglichen Versprechen auf die nahe oder ferne Zukunft hin, werden gewiss plausibler, wenn Erkanntes in deren Bedingungen und damit: die ihres Handelns, eingeht.

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Aphorismen, Notate und Uneinsichtigkeiten I

Die folgenden Einlassungen sind nicht geplant und ich vermag ihren Abschluss noch nicht abzusehen. Ich möchte an keine vorangegangene Diskussion anschließen oder eine aufwärmen, es scheint mir vielmehr so, dass ein inneres Drängen auf ein äußeren Zustand des Mangels trifft. Ich hoffe über den Anlass hinaus nachgedacht zu haben.

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Ein Winterspaziergang

Wenn ich alleine bin, beginnen die Dinge zu sprechen. Nur, wenn ich alleine bin und nicht nur sie. Es ist immer meine Stimme mit der sie sprechen, die sie sich leihen und doch ist in ihr immer etwas Anderes, Fremdes, das mir manchmal überdeutlich und manchmal nahezu unkenntlich entgegen tritt, selbst im Bekannten, im Alltäglichen noch. Ja, gerade in ihm.

Ich sprach die Sätze nach, lautlos, um sie mir zu merken, die plötzlich ungebeten und ohne jedes Wollen dagewesen waren, obwohl ich mein Notizheft und einen Bleistift eingesteckt hatte; ihretwegen war ich sogar noch einmal zurückgegangen, aber jetzt hatte ich sie vergessen, weggeschoben, wohl wegen der Kälte, denn es hatte zum ersten Mal in diesem Jahr einige Grad unter Null: Ein eisiger Wind, der meine Finger rasch klamm hätte werden lassen, trieb den Schnee in Böen die Straße entlang durch die dürren Büsche an ihrem Ende, die raschelten und schwirrten und dann in die Lichtkegel der Straßenlaternen hinein, als gelte es einen versäumten Tanz nachzuholen.

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In eigener Sache

Ich habe dem Blog zwei neue und anderen Themen gewidmete Unterseiten hinzugefügt:

    1. Kohlezeichnungen
    2. Pappmachèarbeiten

[Entstanden sind die Arbeiten in den vergangenen eineinhalb Jahren; näheres dazu unter den Verweisen oder den „Kärtchen“ in der Kopfleiste der Seite.]

 

Tempelhüpfen

Mit dem hereinbrechenden Frühjahr begann ich wieder aus dem Fenster meiner Wohnung, die im zweiten Stock eines kleinen Hauses in Favoriten, dem 10. Wiener Gemeindebezirk, lag, in den langgezogenen Innenhof hinunter zu schauen. Im Winter blieb der Hof eigenartig still und ich hielt mein Fenster geschlossen, da die kalte Luft durch die Spalte zwischen Fensterrahmen und Flügel zog, die ich mit Tüchern und Decken abzudichten suchte: Ich verfluchte beinahe täglich die Hausverwaltung, die stets vorgab, die offensichtlichsten Schäden reparieren zu lassen, die den Tischler vorbeischickte, um einen Kostenvoranschlag vorzunehmen, aber dann nichts mehr von sich hören ließ. Ich hüllte mich in dicke Decken, denn ich saß gerne neben dem Fenster und las, trotzdem der unter dem Fensterbrett hängende Heizkörper den Luftstrom kaum zu erwärmen vermochte.

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Der grüne »Geist«. Zur vergangenen Nationalratswahl und der Kritik einer Partei.

Auf dem Weg zur Arbeit erhält ein Bekannter auf eine flapsige Bemerkung hin von einem Kollegen die Antwort, dass er in ein Genderseminar gehöre; die Bemerkung ist ernst gemeint und kommt von einem intelligenten Menschen. Einige Zeit später spricht der Bundespräsident der Republik Österreich, Alexander van der Bellen, vor Schülern zum Thema „Kopftuch“: Der Bundespräsident legt das Problem nicht etwa analytisch vor den Schülern dar, er moralisiert und vermeidet gerade diejenigen, die Urteil, Gründe und Begründung vielfach suchen, darin zu unterstützen und betrügt sie damit um die Komplexität und die mit dieser Thematik zusammenhängenden Fragen. Beide Haltungen haben mit den Grünen zu tun, einmal gehört sie zu einem ihrer Wähler, einmal zu einem ihrer bekanntesten Exponenten.

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